Der Wetterdienst und die Nina App hatten seit Tagen gewarnt. Es werde am Freitag in der Mitte Deutschlands zu schweren Unwetter mit Regen, Sturm, Hagel und sogar Tornados kommen.
Sicher, in der Mitte Deutschlands, aber in Lütmarsen, da war in den letzten 100 Jahren doch nicht wirklich etwas passiert. So setzte ich mich um kurz vor 18:00 Uhr in Bewegung Richtung Sportheim. Dort angekommen war bereits ein Sportskollege vor Ort. Wir unterhielten uns, als es plötzlich Richtung Ovenhausen laut wurde und Blätter in einem Kreis von ca. 100 Metern in der Luft rotierten. Schon kippte auf dem Bolzplatz ein Baum um. Wir sahen uns an und wussten erst nicht wie wir die Situation einordnen sollten. Wir konnten es nicht glauben, sollte es tatsächlich ein Tornado sein. Einen kurzen Augenblick später war die Windhose bereits über dem Sportplatz und uns überkam die Angst, wir flüchteten ins Sportheim. Zu zweit versuchten wir die Tür fest zu halten, was für uns beide fast unmöglich war. Dennoch konnten wir sie ins Schloss ziehen und rannten dann in einen Nebenraum. Gerade im Raum angekommen, drückte der Sturm Wasser durch die Dichtungen der Fenster. Bei diesem Winddruck bestand die Gefahr, dass die Fenster des Raums aus ihrer Verankerung gerissen wurden und uns packte die nackte Angst. Wir flüchteten in einen Umkleideraum. Noch im selben Moment gab es ein lautes Krachen, das wir in dem Moment nicht zuordnen konnten. Einen kurzen Moment drauf erschien ein Feuerwehrmann, kreidebleich und teilte uns mit, dass gerade das Dach des Sportheims und der Feuerwehr weggeflogen sei. Im Nebenraum konnte man den Himmel sehen.
So schnell der Tornado da war, so schnell war er auch wieder weg. Sofort liefen wir auf die Straße und was sich uns dort bot, war ein Bild des Schreckens. Das Dach des Sportzentrums und der Feuerwehr lag in den Einfahrten der Nachbargebäude. Dächer waren abgedeckt, Dachpfannen lagen auf dem Boden, waren teils in die dort parkenden Autos geflogen. Bäume waren umgekippt, entwurzelt, abgebrochen zum Teil auf Dachstühle gefallen. Scheunentore wurden durch die Gewalt des Sturmes aus ihren Angeln gehoben. Ein betroffener Landwirt konnte sich in letzter Sekunde unter seinen parkenden Traktor retten.
Nachdem der erste Schreck verflogen war, ging es sofort ans Aufräumen. Das halbe Dorf war binnen kürzester Zeit auf den Beinen. Die Straßen mussten geräumt werden, damit dort Einsatzfahrzeuge fahren konnten. Schnell waren Schüppen und Besen organisiert und alle Anwesenden packten an, noch bevor die auswärtigen Einsatzkräfte vom THW und Feuerwehr vor Ort waren, um das Chaos zu beseitigen.
Bis zum Eintreffen des schweren Räumgeräts verging nur kurze Zeit. Oberste Priorität war das Sichern der Dächer um ein Herunterfallen von weiteren Dachziegeln auf die anwesenden Helfer vorzubeugen. Außerdem mussten Zugänge zu Häusern freigeräumt und teilweise Häuser vor dem Betreten gesperrt werden. Die ersten Aufräumarbeiten zogen sich über den ganzen Abend. Die Freiwilligen stellten Ihre Tätigkeit mit beginn der aufkommenden Dunkelheit ein. Feuerwehr und THW sowie die anwesenden Dachdecker führten Ihre Arbeiten auf ausgeleuchteten Dächern weiter bis um ca. 1:45 Uhr.
Teil 2 folgt